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Retourenvermeidung durch Retourenerschwerung? – Ein Kommentar

Retourenvermeidung durch Retourenerschwerung? – Ein Kommentar
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Retouren und die mit Ihnen verbundenen Kosten sind wegen ihres großen Einflusses auf Erfolg oder Misserfolg eines Online-Shops immer wieder Gegenstand von wissenschaftlichen wie auch praktischen Studien und Untersuchungen. Ohne Frage sollte jeder Shopverantwortliche bestrebt sein, die Retourenquote mit dazu geeigneten Mitteln so gering wie möglich zu halten. Doch was sind geeignete Mittel?

Ein Forscherteam an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena hat jetzt in einer aktuellen Abhandlung unter anderem die Empfehlung ausgesprochen, Retourenquoten dadurch zu senken, dass der Retourenprozess für den Kunden bewusst möglichst unbequem und intransparent gestaltet werden solle. Als praktische Handlungsdirektive empfehlen die Wissenschaftler, beispielsweise, den Warensendungen keinen Rücksendeschein beizulegen und auch den Retourenprozess im Shop nicht zu erläutern.

Ein solches Vorgehen zur Senkung der Retourenquote erscheint mir jedoch aus mehreren Gründen mehr als fraglich. Das von der Forschungsgruppe angeregte Verfahren entspricht, übertragen auf den stationären Handel, in etwa folgendem Szenario: Sieht das Verkaufspersonal einen Kunden, der neulich dort eingekauft hat, offensichtlich umtausch- oder rückgabewillig mit der kürzlich erworbenen Ware das Ladenlokal betreten, verschwindet wie von Geisterhand sämtliches Personal in Umkleidekabinen, Pausenräumen oder anderen Refugien und verharrt dort so lange, bis der verwirrte Kunde entnervt seinen Rückgabeplan verwirft und von dannen zieht. Grotesk!

Nun fällt es natürlich in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit eines jeden Online-Shopinhabers, den Empfehlungen der Jenaer Forscher zu folgen. Denn es ist nicht verboten, den Retourenprozess umständlich zu gestalten und instransparent oder gar nicht zu beschreiben oder den Warensendungen keinen Retourenschein beizulegen. Noch nicht! Denn sollte ein solches Vorgehen in großem Umfang Schule machen, steht zu befürchten, dass der Verbraucherschutzinstinkt der gesetzgebenden Politiker in Brüssel und Berlin geweckt wird und entsprechende gesetzgeberische Schritte eingeleitet und umgesetzt werden, die das beschriebene Vorgehen verbieten. Damit wäre dann das regulatorische Korsett des Onlinehandels eine weitere Nummer enger geschnürt, und der Branche insgesamt ein Bärendienst erwiesen.

Bei allem Verständnis für das nachvollziehbare Bestreben von Websellern, der teilweise unbestritten dreisten Rücksendekultur gerade bei uns in Deutschland einen Riegel vorzuschieben: Der beschriebene Jenaer Weg erscheint mir nicht der richtige zu sein. Nebenbei bemerkt darf wohl auch bezweifelt werden, dass er mit Blick auf die Kundenbindung besonders nachhaltig ist.

Größere Sympathie hege ich, so schwer das manchmal auch fallen mag, für die klassischen und sicher auch steinigeren Wege zur Retourensenkung. Das sind die bekannten Mittel wie präzise Produktbeschreibungen, realitätsnahe und möglichst detaillierte 360-Grad- Produktbilder, Einbindung von Kundenfeedback in die Produktbeschreibungen, individuelle Beratung und einiges mehr. Wie gesagt: Dieser Weg ist steinig, aufwändig und schwer. Doch wenn der Onlinehandel insgesamt seinem Image als kunden- und serviceorientierter Branche gerecht werden möchte, ist er sich der bessere Weg.

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