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Warum Weltbild gescheitert und dennoch Hoffnung besteht

Warum Weltbild gescheitert und dennoch Hoffnung besteht
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Wie berichtet, hat der Weltbild-Verlag am letzten Freitag Insolvenz anmelden müssen. Die Gerüchte in den letzte Wochen und Monaten haben sich nun also doch bewahrheitet und der zweitgrößte Deutsche Buchhändler musste beim Amtsgericht Augsburg einen Insolvenzantrag stellen. Nicht betroffen von der Insolvenz ist hingegen die DBH Buch Handels GmbH & Co. KG. Der damalige Zusammenschluss ds stationären Buchhandels mit der Familie Hugendubel betriebt heute verschiedene Filialen und Marken wie „Hugendubel”, „Weltbild plus”, „Jokers” sowie die Karstadt-Buchabteilungen.

Eigentlich unvorstellbar, dass Weltbild, ein Konzern mit einem Gesamtumsatz von 1,5 Milliarden Euro, es nicht schafft, sein Geschäft für die Zukunft auszurichten und nachhaltig zu gestalten. Bild Online beispielsweise sieht den Niedergang des Weltbild-Verlages mit der Einführung von Erotikangeboten und Esoterikbüchern vor gut zweieinhalb Jahren.

Die katholische Kirsche als Gesellschafter und dann das Geschäft mit der Erotik. Ein Widerspruch, der damals für ein großes Medienecho sorgte und dazu führte das der damalige Aufsichtsratsvorsitzende zurücktrat. Auch Kardinal Joachim Meisner verlangte die Trennung der Kirche vom Weltbild-Verlag.

6.000 Beschäftigte müssen nun nach der Insolvenz um ihren Job bangen. Weltbild hat es seither nicht geschafft, sich im Geschäft mit Amazon durchzusetzen. Vielmehr vertraute man zu lange auf den klassischen Katalog-Versandhandel. Das Online-Geschäft wurde als weiterer Vertriebskanal aufgebaut, aber nie mit der notwendigen Konsequenz und dem Mut fortgeführt.

Neben Neckermann, Schlecker oder auch Praktiker haben sich in den letzten Jahren immer mehr traditionsreiche Unternehmen verabschieden müssen. Auch Karstadt kämpft seit längerem um’s Überleben.

Das Beispiel Weltbild zeigt einmal mehr, worin die Probleme vieler Multichannel-Anbieter liegen. Ein großes Filialnetz, hohe Mieten, rückläufige Umsätze durch Pure Player wie Amazon und den fehlenden Mut sich schneller und dynamischer für die Zukunft aufzustellen. Hinzu kommt, dass Weltbild mit seinem Multichannel-Angebot nicht so zu den Kunden vorgerückt ist, wie man sich das vielleicht erhofft hat.

Immer wieder, auch vor Jahren bereits, wurde immer wieder das Chaos im Unternehmen und Management als eine Ursache für die unruhige Lage verantwortlich gemacht. Vielleicht ist man auch am eigenen Anspruch gescheitert und hat es nie so richtig geschafft, die Werte und Vorstellung der Gesellschafter in Einklang mit dem Internet-Business zu bringen.

Zwar hat man das Produktportfolio in den letzten Jahren ausgebaut und längst nicht mehr nur noch Bücher angeboten. Dennoch scheint das Tempo, welches andere Unternehmen an den Tag gelegt haben, einfach wesentlich schneller gewesen zu sein. Ob es am fehlenden offensiven Marketing liegt, an falschen Maßnahmen und auch hier zu wenig Mut, soll an dieser Stelle offen bleiben.

Die Kirche will sich bereits seit Jahren vom Weltbild-Verlag trennen. Vielleicht hätte auch eine frühere Trennung zu einem anderen Tempo beigetragen. Durch die am Freitag eröffnete Insolvenz könnte aber auch ein wenig Hoffnung blieben. Es besteht nun die Möglichkeit, dass Weltbild von einem Investor auf neue, frische Beine gestellt wird und man mit der Geschwindigkeiten Konsequenz in die Zukunft schreiten kann, wie es vielleicht in der Vergangenheit notwendig gewesen wäre.

Trot der schlechten Nachrichten gibt es aber auch Hoffnung für die Beschäftigten. So sieht beispielsweise Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) durchaus positive Signale für den Erhalt der Arbeitsplätze und somit einer Fortführung des Unternehmens. Grill stützt sich dabei auf die Ergebnisse aus einem Round Table, der am Samstag mit der Augsburger Wirtschaftsreferentin Eva Weber, der Augsburger Arbeitsagentur, den Chefs der Wirtschaftskammern sowie Vertretern des Betriebsrats und der Gewerkschaft Verdi stattgefunden habe. Insbesondere ist in dieser Phase wichtig, Kontakt zu den Gläubigern, Lieferanten und Partner aufzunehmen, mit ihnen transparent und kontrovers nach einer Lösung zu suchen.

Die katholische Kirche als Mehrheitseigner habe ich zuletzt verweigert noch mehr Geld in das Unternehmen zu pumpen. Wie ein Vertreter der Kirche aufzeigte, hätte die Sanierung von Weltbild in den kommenden drei Jahren weiterer 160 Millionen Euro verschlungen. Außerdem wäre ein weiterer dreistelliger Millionenbetrag für die Entschuldung des Unternehmens notwendig gewesen. Genau hier liege dann auch das Problem, so der Kirchenvertreter weiter, dass man als Kirche dieses finanzielle Risiko und die weitere Unsicherheit, ob das Unternehmen dann letztlich gerettet werden kann, nicht weiter verantworten konnte.

Wie es genau mit dem Weltbild-Veralg weitergeht, in welcher Form die aktuellen Gesellschafter ihren sozialen Verpflichtungen nachkommen werden, bleibt der ersten Bestandsaufnahme des Insolvenzverwalters Arndt Geiwitz vorbehalten. Gewitzt jedenfalls ist kein Unbekannter. Erst im letzten Jahr hat er die Insolvenz von Schlecker eng als Insolventzverwalter begleitet und den Gesellschaftern um Anton Schlecker mächtig Druck gemacht.

Zum Weltbild-Verlag gehören die Online-Shops Weltbild.de, Jokers.de und Kidoh.de. An Bücher.de ist Weltbild mit 33 Prozent beteiligt. Letzteres Unternehmen ist nicht von der Insolvenz betroffen. Dennoch bleibt es abzuwarten wie es bei Bücher.de weitergeht. Vor nicht all zu langer Zeit wollte Weltbild die Mehrheit an Bücher.de übernehmen und bestehende Gesellschafter entsprechend Anteile verkaufen. Dazu wird es nun definitiv nicht kommen. Auch hier gilt es die weitere Entwicklung abzuwarten. Der Online-Buchmarkt ist jedenfalls kräftig in Bewegung. Auch die Douglas-Gruppe sucht für Thalia.de einen neuen Eigentümer. Wohin die Reise in der Branche gehen wird, bleibt abzuwarten. Bücher.de jedenfalls setzt verstärkt auf die Themen eBooks. Der Rest wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen.

Jede Insolvenz ist schmerzhaft. Jedoch gibt es auch Fälle, indem eine Insolvenz bereinigend ist und das große Konstrukt, in dem man sich befunden hat und an jeder Ecke drohte einzustürzen. Mit der Insolvenz können die tragenden Fundamente gestärkt und der Fokus auf das Wesentliche gerichtet werden. Sicherlich herrscht im digitalen Business mit Amazon & Co. eine mächtige Konkurrenz. Dennoch ist der Markt ausreichend groß und bietet Platz für mehrere Platzhirsche. Wichtig in diesem Zusammenhang wird nun sein, wie man sich positioniert. Riskiert man den Schritt zu einem reinen digitalen Verlag und investiert weiter Geld in die Zukunft. Möglich ist auch, das der Mix bleibt, nur eben schlanker und fokussierter auf die Profit Center im Verlag. Alle anderen stationären Shops und auch Produktbereiche müssen konsequent abgestoßen werden. Es gibt so viele spannende Geschäftsmodelle im Online-Handel, auf die man als Weltbildverlag auch aufgrund der Firmenhistorie und den Möglichkeiten zurückgreifen könnte. Es liegt an den Gesellschaftern, den (neuen) Investoren und wie Arndt Gewitzt die Situation selbst mit seinem Team bewertet. 

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