Mit großem Tam-Tam hat Amazon jetzt die zweite Version einer Lieferdrohne mit Namen Prime Air vorgestellt. PR-technisch hübsch gemacht, stellt der Ex-Moderator der populären Kult-Autosendung „Top Gear“ Jeremy Clarkson das neue Fluggerät vor, das nach den Vorstellungen von Amazon in der Zukunft Waren in Windeseile bei den Kunden ausliefern soll. Es startet senkrecht, sieht aus wie ein kleines Flugzeug und hat angabegemäß eine Reichweite von rund 24 Kilometern.
Was der Präsentation von Prime Air folgte war eine breite Berichterstattung zu der kleinen Drohne. Klar, das Thema hat etwas. So mancher Leser – und offensichtlich auch Redakteur – fühlt sich gedanklich spontan in die Welt seiner Lieblings-Sci-Fi-Serie versetzt und schwärmt träumerisch von den künftigen Möglichkeiten in der E-Commerce-Logistik. Träumerisch heißt in diesem Zusammenhang aber auch total realitätsfern. Der Hype um Prime Air besteht fast ausschließlich aus heißer Luft.
Denn die Amazon-Drohne ist sicher ein nettes Spielzeug. Doch ob sie jemals, oder zumindest in absehbarer Zukunft, tatsächlich für das eingesetzt werden kann, für das sie angeblich entwickelt wurde, nämlich die Auslieferung von Waren an Online-Shopper, ist doch mehr als fraglich. Die US-amerikanische Flugaufsichtsbehörde FAA zeigt sich dem Vernehmen nach zurückhaltend, was die Genehmigungsfähigkeit des kommerziellen Einsatzes kleiner Drohnen betrifft. Das ist zwar vornehm ausgedrückt, aber im Klartext eine deutliche Absage.
Die Deutsche Post arbeitet übrigens an einem ähnlichen Projekt wie Amazon. Nun möchte ich zwar nicht innovationsfeindlich daher kommen, aber wenn schon die amerikanischen Flugsicherungsbehörden mehr als skeptisch sind, was heißt das denn dann für die Genehmigungsfähigkeit solcher Lieferdrohnen hier im dicht besiedelten Deutschland? Wohl nichts Gutes, wenn Ihr mich fragt. Die Automobilindustrie testet derzeit unter allerstrengsten Sicherheitsauflagen der Behörden auf ausgewählten Teststrecken das autonome Fahren auf Autobahnen. Für dieses gemessen an den Verhältnissen im Luftraum vergleichsweise einfache Projekt wurden Milliarden investiert.
Drohnen, ob kommerziell oder nicht, dürfen derzeit in Deutschland aus Sicherheitsgründen ausschließlich in Sichtweite der sie steuernden Person fliegen. Selbst der 850 Millionen Euro teuren Aufklärungsdrohne der Bundeswehr wurde von den Behörden die Fluggenehmigung versagt. Amazon und die Deutsche Post scheinen sich für schlauer zu halten. Diesen Optimismus bewundere ich und bin sehr gespannt …