Es gibt im deutschen Onlinehandel vielleicht eine gewisse Economy of Scale: Einen Grenz-Umsatz, den ein professioneller Onlineshop mindestens erreichen muss, um eine bestimmte Personalstärke finanzieren zu können. Und damit einen bestimmten Grad der Professionalität erreichen zu können. Diese Schwelle – die Top-100-Schwelle – liegt bei einem kleinen zweistelligen Millionenbetrag, irgendwo zwischen 10 und 30 Millionen Euro Jahresumsatz. Das zumindest geht aus einer Analyse des Rankings der größten deutschen Onlineshops hervor.
Die Top 1000 der deutschen Onlineshops repräsentieren rund drei Viertel des deutschen E-Commerce-Marktes, bei den Top 100 ist der Anteil allerdings schon niedriger: Sie repräsentieren mit 64 Prozent knapp zwei Drittel des Top-1000-Segments. Bei den folgenden Teilsegmenten fällt der Anteil des jeweilig führenden Zehntels gegenüber diesen Werten deutlich ab:
- Die Top 10 kumulieren nur noch die Hälfte des Umsatzes der 100 größten Onlineshops
- Der Top 1 ist nur noch für gut ein Drittel des Umsatzes der Top-10-Onlineshops verantwortlich
- Während die Top-100 verlieren, gewinnt der Long-Tail, so die Analyse von iBusiness
Im Verfolgerfeld geraten die Kleineren der Größten – die Top 100 – gleich doppelt unter Druck: Sowohl der Anteil der Top 10 als auch der Anteil der Top 1000 wächst. “Richtig groß” scheint Erfolg versprechend, “klein und spezialisiert” scheint Erfolg versprechend. Aber “nicht wirklich groß” scheint keine Erfolgsstrategie zu sein.
Amazon kombiniert beide Strategien und wächst darum überdurchschnittlich. Die Amerikaner geben den Händlern das Affiliate-Portal und auch den spezialisierten Anbieter von Exklusivprodukten (“Kindle”).
Doch auch abseits der Professionalität wächst das Geschäft mit dem Onlinehandel. Nicht erst seit Woot und Ebay lässt sich als Nebenerwerb im E-Commerce Geld verdienen. Spezialisten und Nischenanbieter, Hobbyisten und Fans sorgen dafür, dass das Onlinemarketing für Produkte immer granularer wird. Und die Intermediäre wie Amazon und Ebay, die Provider wie Strato und 1&1 und die Softwareanbieter wie Oxid E-Sales kümmern sich darum, dass die Granularisierung ausreichend professionell wird.
Die ganz großen Dickschiffe, soviel ist klar, werden es in Zukunft immer schwerer haben. Denn sie profitieren nicht von der Skalierung sondern opfern ihrer Größe die Geschwindigkeit und Präzision, die für den Onlinehandel der Zukunft elementar ist.
Vielleicht schaffen sie es über den Präsenzhandel. Aber ich prognostiziere: Auch hier wird es langfristig ein Intermediär-Angebot für Kleinanbieter geben.
Über den Autor
Joachim Graf ist Gründer vom HighText Verlag. bietet seit 1991 Wissensdienste und Trendscouting rund um die Themengebiete ‘Interaktive Medien’ und Medienkonvergenz an. Außerdem betreibt der HighText Verlag iBusiness.de, ein Trend- und Wissensportal für Medienkonvergenz sowie den Presseversandservice press1 www.press1.de. Joachim Graf ist Herausgeber, Publisher, Dozent, Keynote-Speaker, Zukunftsforscher und Future Evangelist für Kommunikations- und Medienkonvergenz.