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Was der E-Commerce von anderen Branchen lernen kann

Was der E-Commerce von anderen Branchen lernen kann
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Normalerweise lässt sich mit Fug und Recht behaupten, dass der E-Commerce der große Vorreiter mit Vorbildfunktion ist. Zahlreiche andere Branchen haben längst Methoden übernommen, die im digitalen Handel als erstes eingeführt wurden – schnellste Lieferzeiten im Bereich von 48 oder gar 24 Stunden sind nur ein Beispiel dafür.

Allerdings gibt es durchaus auch den umgekehrten Weg: Der E-Commerce nicht als Lehrer, sondern Schüler und die anderen Branchen als Vorbilder, deren Ideen und Vorgehensweise angepasst und übernommen werden können. Tatsächlich gibt es dafür sogar mehrere Beispiele.

1. Vom kleinen Dorfladen: Die persönliche Beziehung

Supermärkte und Discounter haben jahrelang dazu beigetragen, dass auf dem Land die kleinen Dorfläden ausstarben; auch der E-Commerce trug natürlich einen gewissen Teil dazu bei. Doch die Trendwende ist längst erfolgt, die Tante-Emma-Läden kehren immer stärker zurück.

  • Ein wichtiger Grund dafür ist die Rückbesinnung vieler Verbraucher auf regionale, saisonale und deshalb transparente Produkte. Waren der kurzen Wege; auch vom Händler zum Kunden.
  • Ein weiterer gewichtiger, jedoch oft sträflich unterschätzter Grund ist der Wunsch vieler Menschen nach einer persönlicheren Geschäftsbeziehung: Kleine Dorfläden haben einen im höchsten Maß überschaubaren Kundenkreis. Praktisch ausschließlich Bestandskunden, deren Zusammensetzung sich nur durch Zuzüge erweitert.

 

Dadurch entsteht die vielleicht engst-mögliche persönliche Beziehung, die überhaupt zwischen einem Geschäftstreibenden und seinen Kunden denkbar ist. Der Händler als Person, die den Kunden und seine Wünsche und Bedürfnisse in- und auswendig kennt: „Guten Morgen, Frau Maier, wie immer das Paket Spätzle?“. Eine derartige Beziehung verlässt in vielerlei Hinsicht das Geschäftliche in Richtung des Freundschaftlichen und sorgt so für eine Beständigkeit, von der eigentlich jeder Geschäftstreibende nur träumen kann.

Auch der E-Commerce hat durch die Nutzerdaten, seine Bestellhistorie usw. alle Möglichkeiten für eine ähnliche Beziehung. Viele Onlinehändler nutzen sie jedoch nicht vollumfänglich – und die Kundschaft zu duzen ist kein adäquater Ersatz. Nicht zuletzt die Einsatzbereiche von künstlicher Intelligenz erlauben hier noch eine viel tiefere Beziehung. Der Profit: Kunden, die auch einen Onlinehändler fast wie einen Freund ansehen, zu dem sie ganz automatisch wiederkehren.

2. Vom Handwerker: Die flexible Anpassbarkeit

E-Commerce im Handwerk
stock.adobe.com © W PRODUCTION

Einmal angenommen, der geneigte Leser bestellt einen Fliesenleger, um sein Bad neu fliesen zu lassen. Eigentlich sind die Fliesen, die er ausgesucht hat, dafür gedacht, parallel zu den Wänden verlegt zu werden; der Leser als Kunde jedoch möchte sie lieber diagonal verlaufen lassen.

Was würde passieren, wenn der Handwerker diesen Wunsch verwirft, weil ihm das dafür nötige Zurechtschneiden der Fliesen beträchtlichen Mehraufwand verursachen würde? Er würde mit höchster Wahrscheinlichkeit durch einen Konkurrenten ersetzt, der die Kundenwünsche respektiert.

Genau darum geht es grundsätzlich im Handwerk: In vielen dortigen Sparten sind Schubladenlösungen schlicht nicht möglich. Und sehr häufig gibt es nur eine ungefähre Kundenvorgabe ohne jeden Lösungsweg. Handwerker müssen deshalb eine unglaubliche Flexibilität an den Tag legen können. Egal ob sie Keller mauern oder Dächer decken.

Ganz ähnlich kann und sollten auch viele Onlinehändler verfahren „das gibt es bei uns in dieser Form leider nicht“ sollte eine Formulierung sein, die kein potenzieller Kunde jemals hören oder lesen muss. Das bedeutet natürlich Mehraufwand und Vorratshaltung. Aber es sorgt auch dafür, dass jeder Kunde das bekommt, was er braucht – und falls etwas nicht vorrätig ist, kann ein guter E-Commerce-Betreiber es immer besorgen.

3. Vom Glücksspiel: Freigiebigkeit und Lehrtätigkeit

Glücksspiel, vor allem in digitaler Form, hat in Deutschland mehrere sehr chaotische Jahre durchgemacht, bevor es erst kürzlich vollumfänglich legalisiert wurde. Weiter erschwert wurde die Etablierung der Branche dadurch, dass sie einen zuvor praktisch leeren Markt betrat – ein Großteil der Zielgruppe waren und sind keine gestandenen Spieler, sondern Laien, die Roulette, Spielautomaten und Co. oft nur aus dem Fernsehen kennen. Spiele, die jedoch teils komplexe Regeln haben und bei denen es deshalb für Anfänger weitaus einfacher ist, zu verlieren, als zu gewinnen.

Es wäre ein Leichtes, diese Unwissenheit auszunutzen. Tatsächlich geht die Branche jedoch einen gänzlich anderen Weg. Einen, der auf den ersten Blick sogar kontraproduktiv wirken mag: Sie offeriert breitgefächertes Wissen für jeden. Das geschieht in mehreren Formen:

  • Grundlegende, einfach verständliche Erklärung selbst komplexer Regeln.
  • Auf die jeweiligen Spiele abgestimmte, regelrechte Tipps, um dabei häufiger die Oberhand zu behalten.
  • Die Einbeziehung bzw. Integration von Communities, in denen zusätzliche Informationen angeboten werden; etwa über aktuelle Boni.

 

Natürlich mag es vordergründig die Gewinne schmälern, den Kunden zu verraten, wie sie ein Spiel effektiver für sich entscheiden können. Jedoch erhält die Branche darüber insgesamt zufriedenere Kunden, die weniger Frusterlebnisse haben und dadurch viel besser an einen Anbieter gebunden werden. Ein Prinzip, welches langfristige Treue über kurzfristige Gewinne stellt.

Auch E-Commerce kann das. Händler können ebenso freigiebig sein, können häufiger etwas geben, ohne direkte Umsatzsteigerungen zu erleben – zwischen Giveaways und Boni/Rabatten sind hier viele Modelle möglich. Immer erzielen sie das gleiche: Kurzfristig gibt ein Händler mehr aus, langfristig erntet er jedoch viel zufriedenere Kunden. Die lehrbuchmäßige Umsetzung des Prinzips, wonach Bestandskunden um ein Vielfaches günstiger zu unterhalten, als Neukunden zu akquirieren sind.

4. Vom Fotografen: Der ständige Wille, kreativ zu bleiben

E-Commerce im Kreativbereich
stock.adobe.com © REDPIXEL

Fast die gesamte volljährige Bevölkerung Deutschlands besitzt ein Smartphone und hat damit eine sehr leistungsfähige Kamera zur ständigen Verfügung. Vollwertige Kameras werden überdies immer fähiger und helfen nicht zuletzt dank umfangreicher digitaler Unterstützung, mangelndes Fachwissen beim Fotografen auszugleichen und somit auch ohne lange Einarbeitung technisch saubere Bilder zu erstellen.

Selbst Menschen ohne tiefergehendes Branchenwissen dürften anhand dieser Tatsachen erkennen, dass der Beruf von Profifotografen einen immer schwierigeren Stand hat – die technische Überlegenheit haben sie schon vor langer Zeit eingebüßt. Dank Digitaltechnik und KI wird auch die Fähigkeitslücke immer geringer. Zudem strömen Jahr für Jahr neue Kleingewerbetreibende auf den Markt, die Aufträge zu geringsten Kosten übernehmen.

Dass es dennoch angesichts einer so drückenden Konkurrenz immer noch viele Vollzeit-Profifotografen und Fotostudios gibt, liegt an einem einzigen Grund: Diese Fotografen entwickeln sich tagtäglich auf kreativer Ebene weiter. Sie bieten diejenigen Dinge an, die keine noch so gute Kamera, keine KI nachahmen können, sondern die nur mit der Geduld und Erfahrung eines Profis durchzuführen sind.

Diese Attitüde können viele Onlinehändler generell nachvollziehen, wird doch auch hier die Konkurrenz in vielen Sektoren immer größer. Doch im E-Commerce lässt sich auch der direkt-fotografische Gedanke umsetzen: bei den Produktfotos. Freigestellte Ansichten von allen Seiten, dazu ein, zwei Aufnahmen mit realistischem Umfeld; das kennen Kunden sattsam, das ist kein Alleinstellungsmerkmal. Doch auch hier gilt: Kreativität bei der Medienerstellung kann auch einem Onlinehändler jenes Quäntchen Überlegenheit geben, das er benötigt, um gegen seine Konkurrenten zu bestehen.

5. Vom Supermarkt: Die Kassenzonen-Ware

Warum findet sich kein Supermarkt, kein Discounter, der nicht im Wartebereich vor der Kasse Regale mit Kleinigkeiten zwischen Süßwaren und Alkoholika feilbietet? Weil es ein grandioses und ständig weiterentwickeltes Modell ist, um durch Spontankäufe der wartenden Kunden zusätzliche Umsätze zu generieren. Tatsächlich ist die Kassenzone in vielen Geschäften das umsatzstärkste Einzelsegment.

Und gerade im Onlinehandel ist es für Geschäfte jeglicher Größe unsagbar einfach, dieses Modell nachzuahmen: Es gibt genügend softwaregestützte Lösungen, um Kunden ein zu ihrem gewählten Produkt passendes Zusatzprodukt zu präsentieren. Nur wird das Prinzip mit „Kunden kauften auch“ oftmals falsch genutzt – denn es werden gleich- oder gar höherpreisige Produkte verkauft. Dadurch verpufft der Effekt; wer gerade im Begriff ist, einen Kauf über mehrere dutzend Euros abzuschließen, entscheidet sich kaum spontan dafür, rasch noch Waren in den virtuellen Einkaufswagen zu legen, die diesen Wert annähernd verdoppeln.

Ziel sollte es deshalb sein, seine intimen Kenntnisse der eigenen Bestände, Kaufkombinationen und dergleichen zu nutzen, um eine virtuelle Kassenzone aufzubauen – und zwar vollkommen unabhängig davon, wie die exakte Ausrichtung des eigenen E-Commerce aussieht. Die günstige Armbanduhr zum Hemd, ein Choker zur Bluse, eine Tischdecke, abgestimmt auf die Farbe des im Warenkorb liegenden Küchentischs.

Wichtig ist, dass es sich immer um

  • sinnvolle Ergänzungen und vor allem
  • einen verhältnismäßig geringen Kostenpunkt handelt – basierend auf dem Wert derjenigen Produkte, die der Kunde gerade kaufen möchte.

 

Übrigens sollte diese Vorgehensweise nicht nur speziellen Anlässen etabliert werden – etwa im Weihnachtsgeschäft – sondern das ganze Jahr über.

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