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Europäischer Gerichtshof untersagt pauschale Vertriebsverbote, aber erlaubt Verkaufsverbote für Luxuswaren im Onlinehandel

Europäischer Gerichtshof untersagt pauschale Vertriebsverbote, aber erlaubt Verkaufsverbote für Luxuswaren im Onlinehandel
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Dem deutschen Onlinehandel droht erhebliche Gefahr – nicht nur aus China oder den USA – sondern von der Bundesregierung. Kurz gesagt: Mit dem geplanten neuen „Jahressteuergesetz 2018“ soll die Steuergesetzgebung dahingehend geändert werden, dass Online-Marktplätze unter bestimmten Umständen in die Haftung für in Deutschland entstandene und nicht abgeführte Umsatzsteuer genommen werden. Zusätzlich werden die Betreiber dieser elektronischen Marktplätze über sie abgewickelte Transaktionen nach bestimmten Kriterien aufzeichnen und auf Anfrage an die Finanzbehörden übermitteln müssen. Um sich selbst zu schützen, werden die Marktplätze Unbedenklichkeitsbescheinigungen des zuständigen Finanzamtes von jedem Händler verlangen. Doch diese Bescheinigungen können die Finanzämter erst nach dem geplanten Inkrafttreten des Gesetzes im Spätherbst ausfertigen. Mit anderen Worten, weit mehr als 200.000 Onlinehändler werden die Finanzämter in der geschäftlich heißesten Jahreszeit überrennen, und das wird die Behörden in der Jahresabschlussphase gewaltig überfordern.

Gesetz gut gemeint – schlecht gemacht. Bundesregierung schießt mit Kanonen auf Spatzen

Um kein Risiko in Milliardenhöhe durch zu verauslagende Umsatzsteuerzahlungen einzugehen, müssten alle Marktplätze die Händler von ihren Plattformen verbannen, die noch keine Bescheinigung vorlegen können. Mit anderen Worten: Die Bundesregierung schaltet gewissermaßen den Onlinehandel pünktlich zum wichtigen Nach-Weihnachtsgeschäft ab. „Die Bundesregierung schießt wieder einmal mit den sprichwörtlichen Kanonen auf Spatzen. Höchst bedenklich ist, dass die Finanzämter hoheitliche Aufgabe an Dritte weitergeben wollen – das erinnert doch sehr an die Steuerpächter zu Zeiten des Absolutismus. Es kann nicht sein, dass – weil die Bundesregierung eine eigene Regelung anscheinend nicht alleine zustande bekommt – wieder einmal abertausende nichtbetroffene KMU-Unternehmer mit bürokratischen Hürden und Risiken belegt werden, die mit dem eigentlichen Problemfall nichts zu tun haben“, sagt Oliver Prothmann, Präsident des Bundesverband Onlinehandel e. V. (BVOH).

Bundesregierung nimmt Deutschen Onlinehandel für ausländische Steuersünder in Haftung

In Deutschland gibt es laut Marktplatz Ranking „Marketplaces across the World“, erstellt von der p.digital GmbH in Zusammenarbeit mit dem BVOH, weit über 100 Marktplätze, auf dem sog. Dritte/Unternehmen Waren verkaufen können. Nach Schätzung des BVOH befinden sich maximal auf einer Handvoll Marktplätze die ausländischen Händler, die die Umsatzsteuer nicht abführen. „Deshalb lehnen wir vom BVOH die Lösung der Bundesregierung ab, das Problem über die Verantwortung der Marktplätze zu lösen. Außer Frage steht jedoch, dass die Betreiber von Marktplätzen die Händler stärker und genauer prüfen sowie relevante Angaben wie Steuernummern einfordern müssen“, sagt BVOH-Präsident Oliver Prothmann.

Aber das nun kleinere Marktplätze wie Makerist.de, dawanda.de oder auch alle lokalen Marktplätze von diesem neuen Gesetz in Mithaftung genommen werden, ist eine unverhältnismäßige Auflage der Regierung, die so nicht hinnehmbar ist. Nicht zuletzt wird es für neue Marktplätze deutlich schwieriger Händler zu finden, weil nun vor jeder Marktplatz-Registrierung erst die Unbedenklichkeitsbescheinigung besorgt werden muss. Damit beendet die Bundesregierung die Entstehung neuer Geschäftsmodelle und Start-ups. „Dieses Gesetz ist falsch, denn es kann nicht sein, dass man gesetzeskonforme Onlinehändler für die Steuersünden einiger ausländische Anbieter in Haftung nimmt – so sinnvoll eine Reglementierung dieser Steuersünder auch sein mag. Hier müssen bessere Wege gefunden werden!“, betont Oliver Prothmann.

Auf der anderen Seite löst man nicht das Problem auf Marktplätzen wie Wish.com oder aliexpress. Solange diese beliebten Marktplätze keinen Sitz in Deutschland haben, kann das Finanzministerium mit diesem Gesetz auch keine Steuern eintreiben.

Forderung des BVOH nach längerer Übergangsmöglichkeit und keine Einführung des Gesetzes zur umsatzstärksten Jahreszeit

Noch läuft das Anhörungsverfahren und der BVOH fordert die Politik deshalb auf:

  • eine Lösung für die ehrbaren Onlinehändler gerade für das Weihnachtsgeschäft und Weihnachtsfolgegeschäft zu finden und eine entsprechende Übergangsfrist einzuräumen.
  • Alles zu tun, dass kein ehrbarer Onlinehändler aufgrund dieses neuen „un-digitalen“ bürokratischen Prozesses von der Durchführung des Geschäftes ausgeschlossen wird.

Denn zur Weihnachtszeit, wenn Händler vom Handel auf Marktplatzen ausgeschlossen werden, trifft es nicht nur die Händlerinnen und Händler, sondern auch und vor allem die Verbraucherinnen und Verbraucher. „Besonders schade ist, dass aufgrund eines schlechten und manuellen Prozesses, dass die Regierung mit diesem eigentlich guten Gesetz den Onlinehandel über Marktplätze für einige Zeit tatsächlich abschaltet – und das wäre für alle Beteiligten fatal und würde zu vielen katastrophalen Folgen für den Onlinehandel führen. Das kann nicht das Interesse der Bundesregierung sein“, sagt Oliver Prothmann.

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