Die Diskussion ist beinahe so alt wie der Online-Handel selbst. Wie ist das Kaufverhalten der Kunden im Spannungsfeld zwischen digital und stationär? Aus den Anfangstagen des Webhandels kennen wir noch die weit verbreitete Klage stationärer Händler, Kunden würden sich im Ladengeschäft vom dortigen Fachpersonal zeitintensiv beraten lassen, nur um das Produkt ihrer Wahl ein paar Euro günstiger im Internet zu kaufen. Heute hören wir immer öfter Berichte über die gegenläufige Richtung. Kunden recherchieren demnach vor einer Kaufentscheidung im Netz, kaufen dann aber beim stationären Handel.
Die Marketing- und Technologieagentur DigitasLBI hat die Frage, wie es sich denn nun aktuell tatsächlich verhält, in der Studie „Connected Commerce 2015“ untersucht. Dazu wurden in 17 Ländern jeweils 1.000 Internetnutzer ab 18 Jahren befragt.
Inhalt des Artikel
- Mehrheit der deutschen Verbraucher nutzt Off- und Online-Kanäle beim Einkaufen
- Ausprobieren gilt als zentraler Grund für den Gang ins Geschäft
- Haushaltswaren, Technik und Mode werden vor dem Online-Kauf im Geschäft getestet
- Digitale und mobile Endgeräte haben große Relevanz beim Kaufverhalten im Geschäft
Mehrheit der deutschen Verbraucher nutzt Off- und Online-Kanäle beim Einkaufen
Trotz der Vorzüge des Online-Handels möchten Verbraucher noch nicht auf das Einkaufserlebnis im Geschäft verzichten. Jedoch recherchieren neun von zehn Konsumenten (87 Prozent) zuerst Produktinformationen im Internet, bevor sie die Waren im stationären Einzelhandel kaufen. Rund ein Drittel folgt regelmäßig diesem Kaufverhalten, das als “Research Online (Online Suchen), Purchase Offline (Offline Kaufen)” oder kurz „ROPO“ bezeichnet wird. Andererseits geben 65 Prozent der Verbraucher an, Produkte im Geschäft erst auszuprobieren, bevor sie diese in einem Online-Shop bestellen („Research Offline, Purchase Online“). Das dadurch umgedrehte ROPO-Kaufverhalten zählt als „Showrooming“ bereits für jeden zehnten Verbraucher zum Alltag. Die Untersuchung dabei zeigt, dass Off- und Online-Kanäle häufig abwechselnd innerhalb eines konkreten Kaufprozesses genutzt werden.
Ausprobieren gilt als zentraler Grund für den Gang ins Geschäft
Ein Produkt zu sehen, anzufassen und auszuprobieren gilt als der mit einigem Abstand häufigste Grund, warum Konsumenten nach der Online-Produktrecherche ein Geschäft aufsuchen (60 Prozent). Von den Verbrauchern sehen 48 Prozent den Vorteil darin, das jeweilige Produkt sofort mitzunehmen. Weitere 42 Prozent wollen Rabatte oder Sonderangebote direkt im Geschäft aushandeln. Nur ein Viertel der Befragten (26 Prozent) möchte Gutscheine einlösen und knapp ein Fünftel (22 Prozent) holt sich ausschließlich die Preisinformationen im Internet.
Haushaltswaren, Technik und Mode werden vor dem Online-Kauf im Geschäft getestet
Zu den Kategorien mit dem häufigsten Showrooming-Kaufverhalten zählen Haushaltsartikel (55 Prozent), Technik (52 Prozent) sowie Mode und Accessoires (41 Prozent). Im Mittelfeld liegen Bücher, Musik und Spiele (33 Prozent), Freizeit und Reisen (23 Prozent), gefolgt von den Kategorien Autos, Bau- und Heimwerkerbedarf und Gesundheits-, Wellness- und Kosmetikprodukte mit jeweils 21 Prozent. Den geringsten Einfluss dieser Effekte auf das Kaufverhalten zeigen sich bei Lebensmitteln (14 Prozent) und Finanzenprodukten (13 Prozent). Trotz der geringen Einflussnahme sind diese beiden Bereiche und insbesondere das Technik-Segment signifikant bei Männern ausgeprägt. Hingegen zeigt sich bei Frauen eine signifikante Ausprägung des Showrooming-Effekts in den Kategorien Haushaltsartikel, Mode und Accessoires sowie Gesundheit, Wellness und Kosmetik.
Digitale und mobile Endgeräte haben große Relevanz beim Kaufverhalten im Geschäft
Die Studie von DigitasLBi identifiziert digitale und mobile Endgeräte als starke Treiber des Kaufprozesses im Einzelhandel. Schon bei der Informationsrecherche entscheiden sich die Konsumenten meistens für denjenigen Kanal, der die relevanten Informationen für die eigentliche Kaufentscheidung liefert. Dazu zählen Produktinformationen, Preise oder Empfehlungen. So geben sechs von zehn Verbrauchern an, dass die Nutzung von Laptops (63 Prozent) und Desktop-PCs (59 Prozent) ihr Kaufverhalten verändert hat. Für viele Konsumenten spielen Tablets (47 Prozent) und Smartphones (43 Prozent) eine entscheidende Rolle, bevor sie sich im Geschäft für ein Produkt entscheiden oder dieses noch vor dem Gang zur Kasse direkt im Internet bestellen.
„Die Gründe für ROPO und Showrooming liegen auf der Hand: Vor allem bei Produkten mit hoher Fehlkaufgefahr möchten Verbraucher entweder mehr über ein Produkt wissen oder die Ware vor dem Kauf ausprobieren“, schlussfolgert Anke Herbener, CEO von DigitasLBi in Deutschland und der Schweiz, und betont: „Ein weiterer Grund für diese digital beeinflussten Formen des Kaufverhaltens liegt in einer großen Produktauswahl mit unterschiedlichen Preisniveaus. Dabei besitzen digitale und vor allem mobile Endgeräte eine konstant hohe Bedeutung für die Kaufprozesse im Einzelhandel, indem Produkte leicht miteinander verglichen werden und die Kunden sich so einen Preisvorteil verschaffen können.“