Für ehrliche Online-Händler ist es schon lange ein großes Ärgernis, dass insbesondere asiatische Wettbewerber auf den großen Online-Marktplätzen in Deutschland im großen Umfang keine Umsatzsteuer auf ihre Verkäufe zahlen. Denn so verschaffen sich diese schwarzen Schafe auf kriminellem Wege einen Wettbewerbsvorteil in Form von einem um 19 Prozent höheren Profit und schädigen ganz nebenbei auch den deutschen Fiskus in erheblichem Umfang. Wir hatten bereits im Dezember über dieses leidige Thema berichtet.
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Umsatzsteuerbefreite Dumpingpreise aus Asien
Es liegt auf der Hand, dass eine konkrete Existenzbedrohung für rechtschaffende heimische Online-Händler vorliegt, wenn ausländische Anbieter die großen Marktplätze wie Amazon und Ebay mit ihren Produkten zu Dumpingpreisen überschwemmen, da sie sich als umsatzsteuerbefreit betrachten, was sie natürlich nicht sind. Sich Wettbewerbsvorteile durch Steuerhinterziehung zu verschaffen ist alles andere als ein Kavaliersdelikt. Betrachtet man den Umsatzsteuersatz von in Deutschland 19 Prozent auf die meisten Produkte und Dienstleistungen ist eine Beispielrechnung simpel: Ein Online-Händler, der sich dieser Steuer entzieht, kann seine Produkte um zehn Prozent günstiger anbieten und hat immer noch einen um die verbleibenden neun Prozent höheren Profit als sein ehrlicher Wettbewerber.
Großbritannien hat das Problem bereits gelöst
Das gleiche Phänomen trat wenig überraschend auch auf den Online-Marketplaces in Großbritannien auf. Doch die britische Politik hat deutlich schneller reagiert als unsere Gesetzgeber und die Marktplatzbetreiber in die Pflicht genommen. Dort können die Finanzämter seit mehr als einem Jahr die Möglichkeit, die Marktplatzbetreiber für die Steuersünden ihrer Online-Verkäufer haftbar zu machen. Im Klartext: Von Händlern nicht entrichtete Steuern können von den Marktplatzbetreibern selber eingefordert werden.
Deutschland will britischer Lösung folgen
Wie die WirtschaftsWoche jetzt exklusiv und vorab berichtet hat, will Deutschland sich der britischen Lösung anschließen und die Marktplätze ebenfalls ins Visier nehmen. Nach Informationen des Magazins wollen die Länderfinanzminister Mitte Mai in Konstanz beschließen, „wie man die Plattformen selbst in die Pflicht nimmt“, so NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Amazon oder Ebay müssten dann nicht nur für ihre eigenen Umsätze die Steuer abführen, sondern für alle bei ihnen aktiven Händler. Entsprechende Pläne würden Bund und Länder derzeit auf Arbeitsebene finalisieren, berichtet die WirtschaftsWoche.
Vorhaben lobenswert – Motivation unklar
Es ist lobenswert, dass die Finanzminister sich nun, wenn auch sehr spät, dieses Themas annehmen wollen. Die Motivation für die nun einsetzende Aktivität bleibt freilich unklar. Es liegt die Vermutung nahe, dass es den Finanzministern von Bund und Ländern weniger um die Wettbewerbsgleichheit steuerehrlicher deutscher Online-Händler geht, sondern vielmehr um die Schließung des erheblichen Lecks in ihrer eigenen Steuerkasse. Sei es, wie es sei, auch wenn es nur ein Nebeneffekt sein sollte, ist es zu begrüßen, dass endlich Chancengleichheit auf den Online-Marktplätzen hergestellt werden soll. Nun bleibt zu hoffen, dass den politischen Ankündigungen schnell auch wirksame Maßnahmen folgen.