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Die Zukunft des Zahlungsverkehrs – im Gespräch mit Ralf Gladis von Computop

Die Zukunft des Zahlungsverkehrs – im Gespräch mit Ralf Gladis von Computop
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Kaum eine Branche ist aktuell so in Bewegung, wie die Finanzwelt. Als Shopbetreiber ist man auf Innovationen angewiesen. Die Big-Player der Branche zeigen, wie wichtig ein reibungsloser, sicherer und zugleich einfacher Zahlungsverkehr ist. Das mobile Internet ist mehr und mehr in den letzten Jahren in den Fokus gerückt. Online-Händler müssen sich daher zwangsläufig mit der Zukunft des Zahlungsverkehrs auseinandersetzen.

Im heutigen Interview habe ich Ralf Gladis von Computop zu Gast. Mit ihm spreche ich über die “Zukunft des Zahlungsverkehrs”. Ralf Gladis verantwortet als Gründer und Geschäftsführer die internationale Expansion sowie die strategische Ausrichtung von Computop. Im Jahr 1997 gründet Gladis gemeinsam mit Frank Arnoldt das Unternehmen. Als Software-Architekt entwickelt er die Plattform Paygate, das zentrale Zahlungsverkehrs-Portal von Computop. Die Grundlagen seiner Technologie-Kompetenz erwirbt sich Gladis durch sein Studium der Wirtschaftsinformatik an der Universität in Bamberg.

Schön, dass sie Zeit gefunden haben, Herr Gladis. Lassen sie uns direkt ins Thema einsteigen:

Wen oder was sehen Sie als den bzw. die wahren Innovatoren im Zahlungsverkehr – heute und morgen?

Gladis: Für eine Innovation im Zahlungsverkehr bedarf es keiner neuen Technologie. Technologie muss dem Komfort des Nutzers in kanalübergreifenden Situationen dienen. Apple Pay beispielsweise war keine komplett neue Technologie, aber komfortabel, da es die Zahlung mithilfe eines einfachen Fingerabdrucks ermöglichte. Da Apple Pay auf den Kreditkartenstandards von Visa, MasterCard und anderen Anbietern basiert, funktioniert es mit Millionen von POS-Terminals weltweit und bietet den Konsumenten so eine große Flexibilität. Gleiches gilt für den MasterPass von MasterCard. Zwar stehen auch Apple und MasterCard noch vor Herausforderungen, aber ihre Lösungen sind tatsächlich innovativ.

AliPay in China ist innovativ und erfolgreich mit seinem Mobile Wallet, das QR-Code-Zahlungen an POS-Terminals, Gesichts- und Mustererkennung und sogar virtuelle Realität unterstützt. Ebenfalls in China: WeChat kombiniert einen Zahlungsdienst mit seinen mobilen und sozialen Plattformen, mit dem man einfach alles mit dem Smartphone bezahlen kann. Das ist innovativ, komfortabel und daher sehr erfolgreich.

Welche kulturellen, technischen und regulativen Barrieren müssen wir heute überwinden, damit wir morgen von einem globalisierten Zahlungsverkehr sprechen können?

Gladis: Für stationäre Händler sind Zahlungen immer noch ein länderspezifischer Service. Internationale Händler müssen sich mit den vielen Spielarten der einheimischen POS-Terminals und den einheimischen Kreditkarten-Lösungen, die von den lokalen Banken oder Zahlungsdienstleistern angeboten werden, herumschlagen. Das ändert sich momentan langsam: Die Händler, die sich die Wirtschaftlichkeitsrechnungen ansehen, haben festgestellt, dass standardisierte internationale Lösungen besser sind als geringfügig niedrigere Gebühren, da die Integration all dieser lokalen Zahlungsmethoden in die EDV-Systeme eines internationalen Händlers sehr kostspielig ist. Bei Computop sehen wir immer häufiger, dass große Händler die billigen einheimischen Lastschriftverfahren wie Girocard in Deutschland oder Carte Bancaire in Frankreich vermeiden, weil sie ein standardisiertes Verfahren dem billigen vorziehen.

Im E-Commerce sind Kreditkarten die einzige globalisierte Zahlungsmethode – und PayPal, mit ein paar Einschränkungen. Die meisten anderen Zahlungsmethoden sind nur lokal oder bestenfalls regional, da sie nur in wenigen Ländern verbreitet sind, wie iDEAL in den Niederlanden oder Boleto in Brasilien.

Zahlungen sind ein sensibles Thema, das Vertrauen erfordert. Und Vertrauen beruht auf Erfahrung. Jedes Land hat sein eigenes Bankensystem und seine eigene Geschichte bei den Zahlungsgewohnheiten. Deutsche Verbraucher kaufen zum Beispiel sehr gerne online ein und zahlen sehr gerne auf Rechnung, nachdem sie die Waren erhalten haben. Dadurch bleibt den Händlern ein Risiko und ein geschicktes Risikomanagement ist erforderlich. Bei Kartenzahlungen ziehen Deutsche die Debitkarte den Kreditkarten vor, weil sie nicht gerne Schulden anhäufen. Im Gegensatz dazu würden die Leute in Italien darüber lachen, wenn sie darauf vertrauen sollten, dass der Verbraucher eine Rechnung zahlt, nachdem er zuerst die Waren erhalten hat. 

Bargeldloses Zahlen ist weltweit auf dem Vormarsch. Ist in Ihren Augen das Bargeld tot oder wo sehen Sie seinen Platz in der Zukunft?

Gladis: Es steckt schon noch Leben drin. Bargeld ist sehr beliebt in Gebieten, in denen die Leute ihren Banken und Regierungen misstrauen. Elektronische Zahlungsmethoden setzen Vertrauen in die Datensicherheit voraus, da die Nutzer zurückverfolgt werden können. Viele Deutsche und Italiener vertrauen Bargeld mehr, als sie Banken und Regierungen im richtigen Umgang mit ihren privaten Daten trauen. Skandale um die NSA und andere Nachrichtendienste haben nicht unbedingt dazu beigetragen, dieses Vertrauen zu erhöhen. Solange die Verbraucher Grund haben zu glauben, dass sie ausspioniert werden, wird es für Politiker unmöglich sein, eine bargeldlose Gesellschaft aufzubauen. Wir brauchen zuerst Vertrauen.

Schweden ist ein gutes Beispiel: Die Menschen trauen ihrer Regierung. Ihre Gesellschaft ist innovativ und die schwedischen Verbraucher haben den Komfort elektronischer Zahlungen zu schätzen gelernt. Aus diesem Grund bereitet Schweden in Europa den Weg für eine bargeldlose Gesellschaft. Selbst an Orten, an denen Bargeld noch immer sehr beliebt ist, erlebt es einen Rückgang: Im Jahr 2013 hatten die Deutschen durchschnittlich 100 Euro in ihren Geldbeuteln. 2015 war dieser Betrag auf 74 Euro geschrumpft. Heute liegt er noch deutlich niedriger. Bargeld wird verschwinden, aber es wird ein oder zwei Jahrzehnte dauern, bis dieser Punkt erreicht ist.

In naher Zukunft werden wir noch immer Bargeld für Menschen ohne Bankkonten brauchen. Lösungen wie das deutsche „Barzahlen“ oder „Amazon Cash“ sind angetreten, um die Lücke zwischen Bargeld und elektronischen Zahlungsmethoden zu schließen. Menschen ohne Bankkonto können diese Verfahren verwenden, um online einzukaufen und bar an der Kasse eines Einzelhändlers zu bezahlen. Der Großteil der zukünftigen Zahlungen wird jedoch elektronisch erfolgen, mittels Apps und E-Wallets abgewickelt werden und von mobilen Geräten wie einem Auto oder einem tragbaren Gerät wie einer Uhr mit Nahfeldkommunikation (NFC) eingeleitet werden.

Welche Alternativen zum Bargeld sehen Sie in den nächsten Jahren?

Gladis: Zahlungen über E-Wallets wie AliPay, MasterPass, PayPal und WeChat werden in den kommenden Jahren am wichtigsten sein. So werden Zahlungen online, in der App oder im Laden mittels Nahfeldkommunikation (NFC) oder QR-Code abgewickelt.

Aber auch eine eher altmodische Zahlungsmethode wird wieder an Beliebtheit gewinnen: Es gibt erste Anzeichen für die steigende Bedeutung von Bankkonten, da es dank Faster Payments in den USA und Großbritannien sowie Instant Payments in Europa für die Verbraucher wieder viel einfacher, zeitsparender und komfortabler sein wird, Geld von Konto zu Konto zu verschicken. In Europa mit seinen 28 Mitgliedsstaaten und genauso vielen Bankensystemen war es schwierig, teuer und zeitaufwendig, Geld von einem Land ins andere zu überweisen. Mit SEPA Instant Payments kann man einfach, schnell und kosteneffektiv innerhalb von 10 Sekunden an 365 Tagen im Jahr Geld auf ein europäisches Konto überweisen. Die Möglichkeit, europäische Zahlungen sofort von einem Konto zum anderen vorzunehmen, wird ein großer Schritt hin zu einer bargeldlosen Gesellschaft sein. Ohne das Vertrauen der Verbraucher in Datensicherheit wird es sich jedoch als unmöglich erweisen, das Bargeld vollkommen zu ersetzen.

Was halten die nächsten 5, 10 und 20 Jahre im Zahlungsverkehr für uns bereit?

Gladis: Das Internet der Dinge (Internet of Things) wird sich auf der ganzen Welt verbreiten. Kleine und große Geräte werden Zahlungen für uns abwickeln: Unsere Autos werden automatisch Benzin und Parkgebühren bezahlen, unsere Smartwatches werden für Taxis bezahlen und unsere Smartphones werden sich als universelles Werkzeug erweisen, um überall einzukaufen und zu bezahlen. Von diesem Szenario ausgehend wird das Bezahlen zu einem eher stillen, reibungslosen und automatischen Prozess. Nur Zahlungsmethoden, die einen solchen Prozess unterstützen, werden Zukunft haben. Das bedeutet aber nicht, dass die Welt neue Zahlungsmethoden braucht. Im Gegenteil: Wir brauchen, wenn das Internet der Dinge beginnt, unser Leben zu verändern, etablierte Marken, denen die Verbraucher bereits vertrauen. Wie soll Ihr Auto für das Benzin bezahlen? Mit Kreditkarte, PayPal oder der Flottenkarte Ihres Unternehmens? Die Übergabe dieses Vorgangs an unsere Geräte wird einen großen Wandel im Verhalten der Verbraucher darstellen. Neue Zahlungsdienstleister, ohne etablierte Unternehmensgeschichte oder Vertrauensbasis, würden die Verbraucher davon abhalten, neue Technologien anzunehmen, und sie würden den Prozess verlangsamen. Eine vertraute Marke wird wahrscheinlich den Entscheidungsprozess vereinfachen.

Ein Grund dafür, bei den heutigen Zahlungsmethoden wie den Karten, E-Wallets und Banküberweisungen zu bleiben, ist technischer Natur: Eine automatische Abwicklung setzt viele Funktionen voraus, die nur von wenigen Zahlungssystemen unterstützt werden. Kreditkarten und E-Wallets sind dabei am flexibelsten und einflussreichsten: Die Händler können zuerst einen bestimmten Geldbetrag auf der Karte reservieren – das nennt sich Autorisierung. Falls nötig kann die Autorisierung erhöht werden, wenn beispielsweise ein Hotelgast beschließt, sein Zimmer einen Tag länger zu behalten. Und falls ein Händler seine Waren nur in Teillieferungen bereitstellen kann, erlauben Kreditkarten und manche E-Wallets einen teilweisen „Capture“ des Geldes – das ist der Moment, in dem das Geld vom Verbraucher zum Händler fließt. Im Falle von Rückgaben sind Rückerstattungen eine weitere wichtige Funktion. All dies automatisch, weltweit und auf allen Verkaufskanälen zu handhaben, ist eine schwierige Anforderung, der momentan sehr wenige Zahlungsmethoden gerecht werden. Die Zahlungsbranche muss die bestehenden Zahlungsmethoden eher verbessern, anstatt neue zu erfinden. Apple Pay, Samsung Pay und Android Pay sind Beispiele dafür, wie man einen besseren Service auf Basis von Karten als bereits existierender Zahlungsmethode aufbaut. Ich bin zuversichtlich, dass die meisten großen Zahlungsmethoden von heute sich gegen viele neue Verfahren durchsetzen werden. 

Welche Rolle werden Banken zukünftig im Zahlungsverkehr spielen?

Gladis: Heutzutage sind Banken riesige Organisationen mit Hunderten von Produkten. Banken sind große Wiederverkäufer von Produkten und Dienstleistungen, die sie oft von Drittanbietern kaufen. Ihr größter Vorteil war der exklusive Zugang zu den Konten und Finanzdaten ihrer Kunden. Dieser Vorteil wird bald verschwinden. Um den Wettbewerb zu stärken und Innovationen voranzubringen, zwang eine europäische Bestimmung (PSD2) die Banken, Drittanbietern Zugang zu den Konten zu gewähren, wenn der Kontoinhaber es wünscht. Dies ermöglicht es Tausenden von FinTech-Unternehmen, innovative und wettbewerbsfähige Verfahren aufzubauen. Die Verbraucher können Konten bei einer Bank haben, aber die Drittanbieterdienste sind es, die Konten, Kredite und Zahlungen verwalten. So werden die Banken mit den FinTech-Unternehmen bei jedem Produkt und auf jedem Gebiet, auf dem sie bisher keine Konkurrenz hatten, in Wettbewerb treten müssen. Banken müssen sich also auf eine herausfordernde Zukunft einstellen, denn in ihrem jetzigen Zustand werden sie nicht überlebensfähig sein. Sie werden entweder innovativ und konkurrenzfähig sein müssen oder mit kleinen, schnellen und cleveren FinTech-Unternehmen kooperieren.

Wo liegen Ihrer Meinung nach die Herausforderungen in der Zukunft des Zahlungsverkehrs? Wie werden Sie diese Herausforderungen bewerkstelligen?

Gladis: Komfort und Big Data. Die Zahlungen komfortabler zu gestalten ist eine Möglichkeit. Ein reibungsloses Verfahren, eine globale Reichweite und Zahlungsmethoden, die eine automatische Verarbeitung ermöglichen, werden diese Zahlungsverfahren bei den Verbrauchern beliebt machen. Und Beliebtheit führt immer zu einem höheren Vertrauen, einer höheren Conversion-Rate und höherem Umsatz für beide Seiten, für Händler wie für Zahlungsverkehrsdienstleister. Wie kommt man zu diesem Punkt? Bei Computop glauben wir an den Einfluss der Biometrie. In naher Zukunft werden wir sehen, wie Passwörter und Nutzernamen durch biometrische Authentifizierungsmethoden wie Fingerabdrücke sowie Gesichts- und Stimmenerkennung ersetzt werden. Die Biometrie ist schon jetzt schnell, sicher und zuverlässig. Wir können einen Fingerabdruck nicht vergessen und wir müssen keine komplizierten Passwörter mehr auf kleinen Touchscreens eingeben. Das ist für Verbraucher ein unwiderstehliches Angebot. Zahlungsmethoden, die eine biometrische Authentifizierung ermöglichen, werden entsprechend sehr beliebt und erfolgreich sein.

Eine andere Chance liegt in Big Data. Händler mit Omnichannel-Strategie können die Daten auf allen Verkaufskanälen sammeln – mobil, online und im Geschäft. Sie können ihre Kunden problemlos auf allen Kanälen wiedererkennen, erfahren, wie sie sich dort verhalten und Produkte, Dienstleistungen und Sonderangebote bereitstellen, die auf die Bedürfnisse ihrer Kunden zugeschnitten sind. Momentan werden die mobilen und Online-Zahlungen sowie Zahlungen im Laden oft von verschiedenen Parteien abgewickelt. Die Daten werden folglich an verschiedenen Orten in verschiedenen Datenbanken gespeichert. Die Einführung einer echten Mehrkanalstrategie und die Analyse der Zahlungen aus allen Verkaufskanälen wird den Händlern dabei Wettbewerbsvorteile bringen.

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